1. Matthias Hofbauers Ball seines 1000. NLA-Skorerpunktes:
Es geschah im Februar 2018 in einem Playoff-Viertelfinalspiel gegen Uster. Matthias Hofbauer, der 1997 in der höchsten Liga debütierte (!), skorte zum 1000. Mal. in der NLA! Eine unglaubliche Marke – und was tat Mätthu? Er liess sich von seinen Teamkollegen und den Zuschauern in der Halle (darunter viele seiner Ex- Mitspieler, Verwandte und Bekannte) feiern, schnappte sich den Ball und warf diesen mir zu, lief anschliessend auf mich zu und umarmte mich: Ich gebe es zu, es schüttelte mich durch. Es war ein starkes, unerwartetes Zeichen der besonderen Wertschätzung. Mätthu wusste genau, wessen Anteil ich als sein Weg-Begleiter von den C-Junioren zum WM-Topskorer an seiner Karriere hatte und natürlich auch umgekehrt: Wie sehr Matthias Hofbauer es mir möglich machte, als Sportchef eine der am längsten andauernden Erfolgs-Dynastien der Sportgeschichte aufzubauen. Übrigens: Den Ball habe ich noch immer, einen der vielen Pokale oder Medaillen nicht.
1000. Skorerpunkt
2. Verabschiedung Simon Bichsel „Bix“
Es gab so viele davon und sie waren immer geprägt von Zufriedenheit und Wehmut – die Verabschiedung von verdienstvollen Spielern. Keine davon ist mir so in Erinnerung geblieben und hat mich, und das passiert wirklich höchst selten, sprachlos gemacht, wie jene von Simon Bichsel. Der Tag seiner Verabschiedung wie jener seines Transfers zum SVWE wird für mich immer unvergesslich sein: Als mir Simon Bichsel telefonisch die Zusage zum Wechsel von Köniz zu Wiler-Ersigen machte, war Simon Ammann nur Minuten zuvor zu seinem ersten Olympiasieg-Sieg gesegelt, es war der 10. Februar 2002. Der SVWE mit und auch dank Simon Bichsel segelte in den kommenden Jahren auch von einem Höhenflug zum anderen. «Bix» hinterliess seine Spuren nicht nur als überragender Unihockeyspieler, sondern auch als grossartiger Mensch, dessen Beliebtheit im Verein unübertreffliche Höchstwerte erreichte. Im Frühling 2013 bei herrlichem Sonnenschein dann der schwierige Moment, „Bix“ ihm Rahmen der Meisterfeier in Wiler zu verabschieden. Im Hintergrund der Sound von Patent Ochsner W. Nuss vo Bümpliz zu Ehren seiner Herkunft, auf der Bühne ich und eben dieser Simon Bichsel, dessen Karriere ich zu würdigen hatte. Auch hier schüttelte es mich durch und den vielen anwesenden Fans dürfte es gleich gegangen. Ein ganz grosser Sportler und Mensch hinterliess ein Lücke, die sehr schmerzhaft und riesig war.
3. WM 2008 in Prag – Gänsehaut-Stimmung pur
Ich durfte früher als Sportjournalist (Fussball Champions-League Finale, EM-Final, Olympische Spiele inklusive) und später als Unihockey-Funktionär viele sportliche Grossanlässe live erleben. Nie hat mich ein Erlebnis so emotional berührt wie das Bronze-Spiel zwischen der Schweiz und Tschechien 2008 an der WM in Prag. Als die Tschechen zwischenzeitlich den Führungstreffer erzielten, bebte die 02-Arena von wippenden und singenden tschechischen Fans, Gänsehaut-Feeling während Minuten, selbst als Schweizer Anhänger. Erst Matthias Hofbauer mit dem Ausgleich liess die Halle etwas verstummen, jene Fans, die aber selbst nach dem Schweizer Siegtreffer durch Simon Stucki in der Verlängerung friedlich blieben und sich und die tschechische Nati feierten. Für mich sind die tschechischen Sport-Fans die besten der ganzen Welt. Ob Fussball, Eishockey, Biathlon oder eben auch Unihockey – sie fiebern mit ihrem Team mit als gebe es kein Morgen. Diese WM in Prag liess mich auch erstmals erkennen, welche grosses Potential diese scheinbare Randsportart Unihockey in sich trug. Und ich nahm auch erstmals Notiz eines gewissen Radek Sikoras, der sich bei der Schweizer Spielern mit seinem Torjubel vor der Spielerbank nicht eben beliebt machte.
Ledermedaille – die Brünnli-Serie
Wie wurden die Tigers und der SVWE belächelt, selbst der damalige Natitrainer und spätere SRF-Amerika Korrespondent Peter Düggeli äusserte sich abschätzig über die Finalserie 2009 im «Brünnli» im beschaulichen Hasle-Rüegsau, für viele Provinz pur. Die Idee den Playoff-Final gemeinsam an einem Ort durchzuführen entstand spontan und wurde fast noch spontaner von beiden Parteien als «genial» eingestuft und noch schneller umgesetzt. Beiden Vereinen brachte der Event den grössten finanziellen Erfolg der Vereinsgeschichte ein, dem SVWE nebenbei nach einem 1:2-Rückstand in der «best of five -Serie» noch den 5. Meistertitel. Es waren richtige Festspiele in der ausverkauften Halle, die auch ihre Randgeschichten schrieb. Wie Lassi Vänttinens blonde Haarpracht nach dem ersten Meistertitel seiner Karriere fiel, oder eines weinenden Schiedsrichters ob der Niederlage der Tigers in Spiel fünf. Wohlgemerkt ein Schiri, der zwei Spiele der Final-Serie gepfiffen hatte (beide verlor der SVWE…). Oder ein Brüderpaar Hofbauer (das gerade 2 Jahre in Umea bei Dalen spielte), das als Zuschauer direkt hinter dem SVWE-Tor mitfieberte und hautnah erlebte, wie Kultgoalie Dani Streit nach einer unübersichtlichen Szene das Tor kurzerhand über die Bande beförderte. Oder ein Meistertrainer, der im zur Garderobe umfunktionierten Luftschutzraum vor dem vierten Spiel am Kragen seines Trainingsanzuges geschüttelt werden musste, damit er nach den Niederlagen in Spiel 2 und 3 aus seiner Schockstarre aufwachte, nachdem er über die Ostertage für 48 Stunden in der Versenkung verschwunden und für niemanden erreichbar war und damit seinen damaligen Assistenten Bruno Berchtold beinahe zur Verzweiflung brachte.
Nächste Folge: Die wichtigsten Spieler
Das war`s
*Nach 26 Jahren bin ich das «Virus» los… endlich. Nein, nicht das Corona-Virus – das Unihocky-Virus, das mich 1995 ebenso unerwartet erwischt hat, wie die Menschheit im Frühjahr 2020 Covid19. Durch Zufall kam ich damals zum SV Wiler-Ersigen, wurde als ehemaliger Schreiberling bei einer Lokalzeitung angefragt, beim Saisonbulletin des Vereins mitzuhelfen. Die Zusage endete mit der Wahl zum Vizepräsidenten, wohlgemerkt in meiner (Ferien)-Abwesenheit. An meiner ersten Vorstandssitzung gab ich den Vorstandskollegen den Rat, den Verein sofort aufzulösen, mangels Finanzen und Perspektiven – oder: ganz neu anzufangen und eine Juniorenabteilung zu formieren. Der Rest ist Geschichte: Ich durfte den Aufstieg eines Dorfclubs zur Nummer 1 in Europa und national zum Rekordmeister begleiten und auch ein wenig mitprägen. In diesem 26 Jahren habe ich unglaublich schöne, aber auch bittere Momente erlebt, faszinierende Personen kennen gelernt und vor allem: ich denke, ich konnte mit meiner ehrenamtlichen Tätigkeit einen Beitrag an die Gesellschaft leisten. Da reicht mir schon eine Zahl: Angefangen mit 0 Junioren, aufgehört mit über 300. Das ist meine Befriedigung, verbunden auch mit dem Dank an alle Funktionäre, die aus gleicher Motivation handeln. Sie sind für unsere Gesellschaft viel wichtiger als all die «unverzichtbaren» Manager, die in ihrer Scheinwelt Jahr für Jahr unanständige Boni abholen (geduldet von der Politik). In einer losen Folge werde ich hier eine Art «best of»-Serie niederschreiben und mich damit aus der Unihockey-Szene verabschieden – Marcel Siegenthaler (Sportchef und Kommunikation SVWE, Juni 1995 bis Juni 2021)